Technik wird künftig nicht mehr eingepackt und mitgenommen, sondern gleich auf dem Körper getragen. Google bringt eine intelligente Brille, Samsung eine smarte Uhr. Und der Trend wird sich weiter entwickeln. Technik wird künftig nicht mehr eingepackt und mitgenommen, sondern gleich auf dem Körper getragen.

Dr. Ulf Blanke
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Am Institut für Elektronik der ETH Zürich wird an den nächsten elektronischen Errungenschaften geforscht. Derzeit stehen intelligente Sensoren für die Bereiche Medizin und Health Care besonders häufig im Fokus. «Beispielsweise gibt es ein Projekt, mit dem physiologische Daten von Parkinson-Patienten abgelesen werden können», erzählt der ETH-Forscher Dr. Ulf Blanke. «Diese Menschen leiden während dem Gehen oft an einer Blockade, frieren sozusagen ein. In solchen Situationen können sie leicht hinfallen, was man natürlich vermeiden möchte. Es gibt Möglichkeiten, mit rhythmischen Geräuschen einen Effekt auszulösen, der diese Blockaden verhindert. Doch muss man wissen, wann es dazu kommt. Das Projekt arbeitet also an Sensoren, die dafür relevante Daten erfassen und verarbeiten und so eine Vorhersage in Echtzeit ermöglichen.»

Aus der Forschung
Kollegen am Institut beschäftigen sich mit Feuerwehrleuten und wie deren Mobilfunkgeräte genutzt werden können, um die Teamkoordination zu erfassen und Rückschlüsse für künftige Einsätze zu ziehen. Ein weiteres Thema ist die Entwicklung flexibler Mikroelektronik, die zum Beispiel auf einer Kontaktlinse angebracht medizinische Werte messen und an das Smartphone übertragen kann. Bereits heute ist so die Messung des Glukose-Gehalts im Blut möglich.

«In fünf bis zehn Jahren wird es intelligente Textilien für den breiten Markt geben.»

 

Andere ETH-Forscher arbeiten an einer Matratze, die ohne komplizierte Verbindungen zum Körper die Atemfrequenz aufnimmt. Aus anderen Organisationen kommen Ansätze für Echtzeitübersetzungen mit einem Mikrofon im Hemd oder für einen haptischen Handschuh, mit dem jemand Klavier spielen kann, ohne zuvor jemals ein Stück gespielt zu haben. «Es gibt unzählige Szenarien, in denen man solche Technologien ausprobiert. Oft beginnen diese Forschungen im medizinischen Bereich, werden dann im Spitzensport genutzt und gelangen von dort in den Alltag», erklärt Blanke.

In den Alltag
Google Glass oder die Smartwatch von Samsung sind solche Beispiele: Eher einfache Anwendungen, die Inhalte und Funktionalitäten aus dem Smartphone und Internet nutzen und sie darstellen. Sie machen gewisse Elemente für den Benutzer einfacher und praktischer, weil er sein Handy nicht mehr aus der Tasche ziehen muss. Im Sportbereich gibt es einen Fussballschuh von Adidas, der über integrierte Bewegungssensoren verfügt. Damit lässt sich exakt aufzeichnen, wie viele Schritte oder Drehbewegungen ein Fuss während einem Spiel absolvierte. Noch ist er eher teuer und für Profis interessant. «Sobald sich herauskristallisiert, welche Bedürfnisse die Masse mit diesen Produkten tatsächlich stillen will und die Forschungs- und Entwicklungskosten sinken, werden noch ausgeklügeltere und vor allem auch günstigere Versionen erhältlich sein», sagt Blanke.

Zukunftsmusik
Wir befinden uns derzeit noch in der Hype-Phase des tragbaren Computings. Viele Startup-Unternehmen beschäftigen sich mit ganz unterschiedlichen Aspekten und Möglichkeiten. Es wird sich zeigen, was sich durchsetzt und was nicht. Blanke denkt, dass die Zukunft vor allem eine Personalisierung von Inhalten und alltäglichen Informationen bringen wird. «Man will diese Infos genau dann, wenn man sie braucht», sagt er. «Das geht einher mit dem, was Sensoren und tragbares Computing zu bieten haben.» Denn einzelne Anwendungen, unter anderem Pulsmesser oder Schlafphasenwecker, sind schon länger erhältlich. Noch müssen wir deren Daten aber auf eine entsprechende Software hochladen und dort auswerten. Andere Geräte zur Messung von Körperfunktionen verlangen nach Elektroden, die feucht sein müssen und schlicht stören.

Die nächsten Schritte
«Die Frage, wie wir Daten erheben können, ohne invasiv an einen Körper gelangen zu müssen, beschäftigt viele Forscher», sagt Blanke. Dafür müssen schlussendlich die Technologien, die Sensoren und die Produkte einfacher und günstiger werden. «Gerade die Sensorik in Kleidungsstücken muss waschbar sein und gebügelt werden können. Ist einmal alles derart miniaturisiert, miteinander verknüpft und in den jeweiligen Möglichkeiten mächtig genug, ziehen wir nur noch ein Hemd oder eine Jacke an – oder stempeln uns solche Schaltungen sogar einfach auf die Haut – und profitieren von unzähligen Möglichkeiten», sagt Blanke. Noch sind viele Ideen Zukunftsmusik. Aber solche, an der intensiv geforscht wird. «Vielleicht fünf bis zehn Jahre», schätzt Blanke, «allenfalls auch früher. Dann wird es intelligente Textilien für den breiten Markt geben.»