Immer mehr Schweizer Firmen setzen den digitalen Wandel auf ihre Agenda. Häufig fehlt jedoch eine Strategie für die Umsetzung. Dabei ist dies ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Gelingen der Transformation.

Laut einer Studie der Universität St. Gallen zeichnen sich Firmen, die über einen hohen digitalen Reifegrad verfügen, dadurch aus, dass sie die Transformation mit einer klaren Zielsetzung angehen, während Unternehmen mit niedrigem Reifegrad zunächst an ihre IT denken.

Letztere tun sich schwer damit, eine Balance zwischen ihrem vorhandenen Geschäftsmodell und neuen Businessansätzen zu finden.

Angst vor der Abkehr vom klassischen Geschäft

Schweizer KMU konzentrieren sich einer PwC-Untersuchung zufolge derzeit vorwiegend auf die Digitalisierung der internen Prozesse sowie Websites oder E-Commerce-Lösungen.

Die kontinuierliche Anpassung des Bestehenden fällt ihnen leichter als eine Abkehr von der derzeitigen Positionierung. Die meisten Unternehmen besitzen zahllose Daten, machen sich diese aber noch selten zunutze.

Ein Blick auf verschiedene Branchen zeigt, dass sich vor allem Unternehmen aus der Kommunikations- und Finanzbranche als Vorreiter in Sachen Digitalisierung profilieren können.

Den grössten Rückstand zeigen die Energie- und Versorgungsbranche sowie der Gesundheitssektor. Allgemein wird in jedem vierten Unternehmen nach wie vor mit Papierdokumenten gearbeitet.

Zudem hat die Ausstattung der Mitarbeiter mit Smartphones in vielen Betrieben noch keine grosse Bedeutung.

Lediglich Firmen, die in den Bereichen IT, Kommunikation oder Finanzen aktiv sind, gestalten die Arbeitsprozesse zunehmend mobil.

Kein Wunder: Hier basiert die Wettbewerbsfähigkeit bereits in vielen Fällen auf dem digitalen Business.

Ein Drittel der Firmen steht digital noch am Anfang

Das Beratungshaus Accenture hat den digitalen Reifegrad von 100 Schweizer Unternehmen unter die Lupe genommen und sie in drei Kategorien eingeteilt:

  • Die «Digital Followers», die begonnen haben, Standardprodukte oder -dienstleistungen über digitale Plattformen zu verkaufen, aber noch nicht bereit für eine umfassende Transformation sind, stellen 34 Prozent der untersuchten Firmen, darunter etwa die Axpo Holding oder Charles Vögele Mode.
  • Die «Digital Maintainers» (35 Prozent) sind schon einen Schritt weiter und fokussieren sich verstärkt auf digitale Geschäftsmodelle, wie etwa der Apothekendienstleister Galenica.
  • Am weitesten gediehen ist die Transformation bei den «Digital Trendsetters»: Sie konzentrieren sich voll auf digitalgestützte Innovationen und entwickeln ständig neue Produkte oder Dienstleistungen. 31 Prozent der Firmen finden sich laut Accenture auf dieser höchsten Stufe, darunter die UBS.

Intelligente Software bringt den Durchbruch

Um den notwendigen Wandel im Unternehmen anzustossen, ist die Einführung digitaler Prozesse unverzichtbar.

So kommt beispielsweise keine moderne Handelsfirma mehr ohne Warenwirtschaftssystem für Disposition, Logistik und Abrechnung aus.

Was die neuen Lösungen aus den Bereichen Enterprise Resource Planning (ERP) und Enterprise Content Management (ECM) leisten, geht aber weit darüber hinaus.

Zwei Beispiele aus der Praxis: Ein ERP-System, welches das Unternehmen wie ein zentrales Nervensystem durchzieht, kann für erhebliche Effizienzgewinne in den unterschiedlichsten Bereichen sorgen.

 Und ein automatisches Dokumentenmanagement gewährleistet, dass E-Mails, Rechnungen oder andere Belege zu jedem Geschäftsvorfall vernetzt archiviert werden und jederzeit auffindbar bleiben.

Customer Relationship Management

Weitere Vorteile bringt die Integration eines Moduls für das Customer Relationship Management (CRM): Die 360-Grad-Sicht auf den Kunden schafft optimale Voraussetzungen für eine individuelle Betreuung – vom ersten Auftrag bis zum Aftersales-Service.

Zudem gewinnt die Einbindung aller Online-, Mobile- und Offline-Kanäle für die Vermarktung (Omni-Commerce) an Bedeutung. Dazu gehören auch die entsprechenden Aktivitäten in sozialen Medien.

Bei all diesen Aufgaben hilft die Auslagerung von Daten und Serviceangeboten in die Cloud: Dabei werden IT-Leistungen in Echtzeit über das Internet oder im firmeneigenen Intranet bereitgestellt und nach Nutzung abgerechnet.

Der Unternehmer bezahlt also nur, was er wirklich braucht. Bei Auftragsspitzen kann er kurzfristig Rechenleistung einkaufen und die modernsten Technologien nutzen.

Noch geniessen Megatrends wie Cloud-Computing, Big Data oder Artificial Intelligence bei vielen Schweizer Unternehmen nicht die Priorität, die sie verdienen.

Stattdessen konzentriert man sich vielerorts immer noch auf die Entwicklung oder Vermarktung klassischer Produkte oder Dienstleistungen.

Dabei wird leicht übersehen, dass beispielsweise Maschinen im 21. Jahrhundert nicht mehr isoliert in Fabrikhallen stehen, sondern zunehmend mit digitalen Schnittstellen ausgerüstet sein müssen, um international konkurrenzfähig zu bleiben – beispielsweise als Teil der vernetzten Produktion im Internet of Things, das in den nächsten Jahren die Märkte umwälzen wird.

Partner bringen wertvolle Impulse und Know-how

Essenziell für eine erfolgreiche Transformation ist aber, dass sie nicht nur in den Köpfen der Geschäftsleitung verankert sein darf, sondern im Firmenalltag gelebt werden muss.

Eine digitale Kultur benötigt flache Hierarchien – nur so werden schnelle Entscheidungen und agile Prozesse möglich.

Ein Verantwortlicher, etwa in Form eines Chief Digital Officers, sollte im Unternehmen für die gesamte Umsetzung der digitalen Agenda Sorge tragen.

Statt der Arbeit in Silos sollten crossfunktionale Projektteams gefördert werden. Auch Experimente mit Spin-offs und digitalen Geschäftsideen müssen erlaubt sein.

Diesen tief greifenden Wandel wird freilich kaum ein Unternehmen allein bewältigen können.

Gut aufgestellte IT-Dienstleister, disruptiv denkende Start-ups und technologisch aufgeschlossene Kunden können wichtige Partner auf dem chancenreichen Weg in die Digitalisierung sein.